Wird Stephan Hensel angeklagt?

Widersprüchliche Gerichtsentscheidungen

Kann Strafverfahren gegen den Kindsvater dem Fall Block /Hensel eine Wende geben?

 

Sobald kein Rechtsmittel mehr gegen eine ausländische Entscheidung – im Fall der Block-Kinder eine dänische Rückführungsentscheidung – möglich ist, kann sich eine EU-Staatsbürgerin oder -Staatsbürger an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg wenden. Christina Block hat genau das getan. Denn die Europäische Menschenrechtskonvention schützt in Artikel 8 das Recht auf Familienleben. Dies schließt das Recht von Eltern auf Sorgerecht und Kontakt mit ihren Kindern ein, sowie die Rechte von Kindern auf beide Elternteile. Und es soll Familien vor einer unrechtmäßigen Trennung schützen, was auch das Recht der Eltern beinhaltet, entführte Kinder zurückzuführen. Die nationalen Behörden müssen demnach schnelle und wirksame Maßnahmen ergreifen, um Eltern-Kind-Kontakte zu sichern, was im Fall Block / Hensel, wie bereits geschildert, nicht geschehen ist. Denn Dänemark hat sich sowohl geweigert den Herausgabebeschluss des Oberlandesgerichtes zu vollstrecken als auch die Kinder nach Deutschland zurückzuführen und nicht einmal den eigenen Umgangsbeschluss durchgesetzt. Fakt ist: Christina Block bekam ihre Kinder die ganze Zeit überhaupt nicht zu Gesicht – ein klarer Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. So hätte der EGMR mit einem Urteil durchaus einen Präzedenzfall schaffen können. Doch 95 Prozent der Anträge werden gar nicht erst angenommen, so auch der von Christina Block. Eine Nachfrage bei der Pressestelle des EGMR in Straßburg, aus welchem Grund der Fall nicht angenommen wurde, blieb leider unbeantwortet. Einen Formfehler habe es nicht gegeben, erklärte Christina Block auf Nachfrage. Allerdings hat auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in der Vergangenheit schon mehrfach entschieden, dass die Mitgliedsstaaten schnell und entschieden gegen eine Entfremdung von Eltern und Kindern einzugreifen haben. Dies gilt folglich auch für Dänische Gerichte. Wo also bleibt der öffentliche Aufschrei? Warum unternimmt niemand etwas? Und wieso hat das Verhalten des Kindsvaters in Dänemark keinerlei Konsequenzen? Vieles spricht dafür, dass Stephan Hensel und seine neue Frau Astrid H., die nach Augenzeugenberichten als Lehrerin in der Kommune gearbeitet haben soll, offenbar enge Kontakte zu den örtlichen Behörden haben. So soll Astrid H. auf ähnliche Weise durch Einbehalten nach einem Regelbesuch 2022 und anschließenden Gewaltvorwürfen auch die Verbindung ihres mittlerweile 17-jährigen Sohnes zu dessen leiblichen Vater in Kopenhagen unterbunden haben. Zudem berichtet Gerhard Delling, der Lebensgefährte von Christina Block, von einem geradezu unglaublichen Vorfall, der sich am 3. Dezember 2023 ereignet hat. Delling wollte an diesem Tag zu einer Demonstration fahren, zu dem das  Aktionsbündnis „Genug Tränen! Kinder brauchen beide Elternteile“ vor dem Haus von Hensel in Gavenstein aufgerufen hatte. Direkt nach der Grenze in Krusau sei er von der Polizei mit Blaulicht angehalten worden und unter dem Vorwand einer angeblichen Verkehrskontrolle mehr als eine halbe Stunde festgehalten worden. Kurze Zeit später sei „wie zufällig“ Stephan Hensel mit seinem Auto vorbeifahren, berichtet Delling fassungslos, der ein halbes Jahr später 2700 Kronen (ca. 361 Euro) als Entschädigung für den Vorfall bekam. Wie kann das sein?  „Die Polizei Süd- und Süderjylland wird sich aufgrund der polizeilichen Schweigepflicht nicht zu diesem Thema äußern“, blockt Polizei-Kommunikationsmitarbeiterin Anette Johnsen auch hier alle Fragen ab. 

 

Gleichzeitig wird die rechtliche Situation für Christina Block immer aussichtsloser. Denn die Zeit drängt: So erklärt sich das Familiengericht Hamburg im sorgerechtlichen Hauptsacheverfahren, das der Kindsvater und sein Anwalt Gerd Uecker wie bereits geschildert immer wieder erfolgreich verzögert haben, durch Beschluss vom 27.10.2023 für international unzuständig und weist die gegenläufigen Sorgerechtsanträge als unzulässig zurück. Tatsächlich heißt es in Art 7 des Haager Kinderschutzübereinkommen (KSÜ): „das Gericht, in dem die Kinder vorher ihren Aufenthalt hatten, bleibt so lange zuständig, bis das Kind einen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Staat erlangt hat und das Kind sich in diesem anderem Staat mindestens ein Jahr aufgehalten hat, nachdem die sorgeberechtigte Person, Behörde oder sonstige Stelle seinen Aufenthaltsort kannte oder hätte kennen müssen, kein während dieses Zeitraums gestellter Antrag auf Rückgabe mehr anhängig ist…“

 

Durch ihre Beschwerde gegen den Beschluss des Familiengerichts erreicht Christina Block zumindest eine Fristverlängerung der internationalen Zuständigkeit bis zum 9. Januar. Doch da Dänemark mit dem Urteil des Landgerichts West vom 27.04.23 abschließend beschlossen hat, die Kinder nicht zurückzuführen, hat es bereits Fakten zugunsten des Vaters geschaffen, der doch das eigentliche Unrecht begangen hat. Aber auch die deutsche Justiz lässt Konsequenz in ihren Entscheidungen vermissen. Das betrifft auch den strafrechtlichen Aspekt. Immerhin handelt es sich bei der Entziehung Minderjähriger nach § 235 StGB (Strafgesetzbuch) um eine Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden kann.  Die Staatsanwaltschaft Hamburg erhebt am 12. Mai 2023 zwar Anklage gegen Stephan Hensel wegen der Entziehung Minderjähriger sowie gegen dessen Lebensgefährtin wegen Beihilfe zur Entziehung Minderjähriger. Doch das Amtsgericht Hamburg entscheidet am 17. November 2023, dass die Anklage aus rechtlichen Gründen nicht zur Hauptverhandlung zuzulassen sei. „Die Begründung dafür liegt in der rechtlich besonders komplexen Situation, dass mit Dänemark ein EU-Mitgliedsstaat betroffen ist. Das Amtsgericht hält hier eine EuGH-Entscheidung für anwendbar, nach der für den Tatbestand der Entziehung Minderjähriger in EU-Mitgliedsstaaten dasselbe gelten muss wie im Inland: Hier ist die Vorenthaltung eines Kindes nur dann strafbar, wenn dies mit Gewalt, durch Drohung oder List geschieht. Genau das wird dem Angeschuldigten, bei dem die Kinder seinerzeit zu Besuch waren, aber gerade nicht vorgeworfen.  Hinzu kommt nach Auffassung des Amtsgerichts, dass es dem Angeschuldigten angesichts seiner damaligen Sorge um das Wohlergehen seiner Kinder nicht zumutbar gewesen wäre, die Kinder zunächst in die Obhut der Mutter zurückzugeben und eine Entscheidung des Familiengerichts abzuwarten“, erläutert Gerichtssprecher Dr. Kai Wantzen. Das scheint nicht nur im krassen Widerspruch zum OLG-Beschluss vom 27.10.21 zu stehen, sondern auch im Strafgesetzbuch (StGB) steht etwas anderes: 

 

So heißt es in § 235 StGB:

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. eine Person unter achtzehn Jahren mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List oder

2. ein Kind, ohne dessen Angehöriger zu sein,

den Eltern, einem Elternteil, dem Vormund oder dem Pfleger entzieht oder vorenthält.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind den Eltern, einem Elternteil, dem Vormund oder dem Pfleger

1.entzieht, um es in das Ausland zu verbringen, oder

2. im Ausland vorenthält, nachdem es dorthin verbracht worden ist oder es sich dorthin begeben hat.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und des Absatzes 2 Nr. 1 ist der Versuch strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1. das Opfer durch die Tat in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung oder einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung bringt oder

2. die Tat gegen Entgelt oder in der Absicht begeht, sich oder einen Dritten zu bereichern.

 

So verwundert es nicht, dass die Staatsanwaltschaft Hamburg am 23. November 2023 gegen die Nichteröffnungsentscheidung des Amtsgerichts sofortige Beschwerde einlegt.. Und tatsächlich hat das Landgericht Hamburg vor einer Woche den Nichteröffnungsbeschluss des Amtsgerichtes aufgehoben, so dass es nun doch einen Strafprozess gegen den in Dänemark lebenden Vater geben dürfte. Sollte es tatsächlich zu einer Verurteilung des Vaters kommen, könnte dies noch einmal ein ganz anderes Licht auf die jüngsten Gerichtsentscheidungen in Dänemark und Deutschland nach den Ereignissen in der Silvesternacht werfen. Denn nach der „Rückentführung“ von Klara und Theodor durch Unbekannte aus Gravenstein hatte das Familiengericht in Dänemark am 2. Januar 2024 Stephan Hensel das vorläufige Sorgerecht für Klara und Theodor übertragen, die zu diesem Zeitpunkt wieder bei ihrer Mutter Christina Block in Hamburg waren: Diese bestreitet bis heute hinter der Entführung zu stecken. Auch wenn es in keinster Weise gerechtfertigt ist, Unrecht mit Unrecht zu vergelten, so sollte doch zumindest bis zum Beweis des Gegenteils die Unschuldsvermutung gelten. Trotzdem hatte das Oberlandesgericht in Hamburg am 5. Januar 2024 einem Eilantrag von Hensel stattgegeben und entschieden, dass die Kinder ohne vorherige Anhörung sofort zurück zum Vater müssten, nachdem dasselbe Gericht einen Tag zuvor noch die Anhörung der Kinder angeordnet hatte. Zwar sei die vom Vater in Dänemark erlangte Sorgerechtsentscheidung in Deutschland mangels Beitritts Dänemarks zur Brüssel IIa- bzw. IIb-Verordnung nicht wirksam, doch die einstweilige Übertragung des Aufenthaltsbestimmungs- und Erziehungsrechts auf den Vater entspreche dem Wohl der Kinder am besten, so das OLG, das sich bei seiner Entscheidung auch auf den übersetzten Bericht der dänischen Polizei und die eidesstattliche Versicherung des Vaters stützt, dass die Verbringung der Kinder nach Deutschland unter Einsatz von Gewalt und gegen deren Willen erfolgt sei. Die Kinder hätten ihren Lebensmittelpunkt seit fast zweieinhalb Jahren beim Vater. Zwar bestünden weiterhin Bedenken gegen die Erziehungsfähigkeit und Bindungstoleranz des Vaters. „Angesichts der aktuellen Geschehnisse bestehen allerdings die größeren Bedenken im Hinblick auf die Erziehungsfähigkeit der Antragsgegnerin.“

Das klingt wie eine Vorverurteilung. Leider sei es dem Senat nicht möglich gewesen, vor der Entscheidung die Kinder anzuhören, um deren aktuellen Willen zum Lebensmittelpunkt in Erfahrung zu bringen, bedauert das Gericht und schiebt auch dafür Christina Block die Schuld in dir Schuhe. „Anfragen an die Antragsgegnerin zur Durchführung einer Kindesanhörung sind an sie gerichtet worden. Eine Rückmeldung seitens der Antragsgegnerin erfolgte nicht“, heißt es. Das entspricht aber so nicht den Tatsachen.  Zum einen war der Beschluss zur Anhörung der Kinder nachweislich erst am 5. Januar zugestellt worden, wie auch das Datum auf dem Briefkopf zeigt. „In der gesamten Zeit ist kein Anruf auf dem Festnetz eingegangen, ebenso auch nicht bei meiner Anwältin oder in ihrer Kanzlei. Dafür hat aber das Jugendamt mich erreicht und ja auch die Kinder anderthalb Stunden am 4. Januar begleitet. Die Richterin war darüber mit dem Jugendamt im Austausch“, erklärt Block auf Nachfrage. Da ihr Handy von der Polizei einbehalten worden waren, hatte sich der Verfahrensbevollmächtigte bei Gerhard Delling gemeldet. Doch habe dieser zu keinem Zeitpunkt angedeutet, dass es extrem dringend sei, einen Termin mit den Kindern abzustimmen oder er den expliziten Auftrag vom OLG erhalten hätte. „Im Gegenteil hatte ich angenommen, dass er sich nach unfassbar langer Zeit, in der niemand das Wohl der Kinder aktiv hinterfragt oder insistiert hatte, zu überprüfen, ob es ihnen gut geht beim kindesentziehenden Vater, seiner Funktion als Anwalt der Kinder endlich wieder nachkommen wollte“, schreibt Delling später in einem Gedächtnisprotokoll. Was also hat das OLG  zu dieser Eilentscheidung veranlasst, für die es zumindest aus Sicht des Jugendamtes und der Polizei offenbar keinen Anlass gab? Es kann doch kein Zufall sein, dass kurz zuvor die Falschmeldung der Hamburger Morgenpost und des Hamburger Abendblatts die Runde macht, Christina Block habe angeblich die Entführung der Kinder zugegeben. Leider blieben Anfragen an die Redaktionen beider Zeitungen unbeantwortet, von wem diese Informationen tatsächlich stammten. Auf jeden Fall wurde mit der Hauruckentscheidung des OLG die letzte Chance vertan, die Kinder noch einmal genauer nach ihrem Willen und ihren Erfahrungen in Dänemark zu befragen. „Wirklich“ hat mit Augenzeugen und Nachbarn in Gravenstein gesprochen, die berichten, dass die Kinder kaum noch das Haus verlassen hätten, immer seltener in der Schule waren und regelrecht von der Außenwelt abgeschottet worden seien. Die Frage, ob das dem Kindeswohl entspricht, muss zumindest erlaubt sein.

Doch seit das OLG am 20. Februar 2024 erklärt hat, dass deutsche Gerichte im Fall Block / Hensel nicht mehr zuständig sind, weil es wegen des inzwischen verfestigten Lebensmittelpunktes der beiden Kinder in Dänemark an der internationalen Zuständigkeit für Entscheidungen über das Sorgerecht fehlt, liegt das Schicksal von Klara und Theodor komplett in dänischer Hand. Was aber heißt das für die Kinder und ihr Recht auf beide Eltern? (Michael Philippsen)

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